Hilfsmittel-Leistungserbringer: Entbürokratisierung ohne Qualitätsverlust – Präqualifikation als Schlüssel zum gleichberechtigten TI-Zugang
Berlin, 4.September 2025 – Der im Kabinettsentwurf zum Gesetz zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege (ehemals Pflegekompetenzgesetz) vorgesehene Verzicht auf den elektronischen Berufsausweis (eHBA/eBA) für Hilfsmittel-Leistungserbringer führt zu einem erheblichen Qualitätsverlust, wenn er nicht durch eine andere Form der persönlichen und fachlichen Legitimation ersetzt wird.
Hilfsmittel-Leistungserbringer sind Unternehmen oder Personen, die Versicherte mit notwendigen Hilfsmitteln wie Rollstühlen, Prothesen, Sauerstoffgeräten oder künstlicher Ernährung versorgen. Die Versorgung erfolgt als Sachleistung, die Krankenkassen rechnen direkt mit den Leistungserbringern ab. Voraussetzung ist die Präqualifikation (PQ), die die fachliche Eignung nachweist und eine bedarfsgerechte Versorgung nach aktuellem medizinischem Standard sicherstellt. Damit sind Hilfsmittel-Leistungserbringer ein zentraler Bestandteil der ambulanten Patientenversorgung.
Mit dem Verzicht auf den Berufsausweis nach § 340 Absatz 5 Satz 2 SGB V erlaubt der Gesetzgeber einerseits eine E-Rezept-Verarbeitung ohne geprüften Qualitätsnachweis. Gleichzeitig schränkt er aufgrund der fehlenden Legitimation den Zugriff der Hilfsmittel-Leistungserbringer auf die Telematikinfrastruktur ein. Das hätte erhebliche Folgen für die Versorgungsqualität und damit für die Patientensicherheit. Einseitige Abstriche bei den Qualitätsanforderungen oder ein reduzierter TI-Zugang sind bisher gesetzlich nicht vorgesehen – im Gegenteil: Schon die Anforderungen der Hilfsmittel-Richtlinie machen deutlich, dass ein hohes Qualifikationsniveau zwingend ist.
Hilfsmittel-Richtlinie des G-BA muss „digital only“ umgesetzt werden
Das E-Rezept für Hilfsmittel ist eine „veranlasste Leistung“ nach der Hilfsmittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). Daraus ergeben sich klare Pflichten:
- Hilfsmittel-Leistungserbringer müssen qualifiziert und über die fachliche Leitung eindeutig identifizierbar sein.
- Sie müssen unverzüglich Rückmeldungen geben können, wenn eine andere als die verordnete Versorgung notwendig ist oder eine Fehlversorgung droht – und den Arzt im Sinne einer Rezeptkorrektur unverzüglich informieren.
- Das finale Versorgungskonzept, das von der fachlichen Leitung verantwortet wird, muss künftig digital zur optionalen Abnahme durch die verordnende Ärztin oder den Arzt bereitstehen.
Das unterstreicht unsere Position: Eine digitale Legitimation und damit Identifikation brauchen zwingend eine fachliche Basis. Umgekehrt gilt: Liegt eine geprüfte Qualifikation vor, muss der digitale Zugriff auf die Telematikinfrastruktur uneingeschränkt möglich sein. Nur so gelingt eine vernetzte und lückenlose ambulante Versorgung; ohne Medienbrüche, Faxgeräte und Papierberge.
Präqualifikation und digitale Identität als Schlüssel zur TI
Die Präqualifikation, hinterlegt in der Datenbank des GKV-Spitzenverbands, ist heute schon der etablierte Nachweis für fachliche Eignung. Sie muss als Zugangsvoraussetzung zur TI festgeschrieben werden – ergänzt um eine eindeutige persönliche digitale Identität. Hiermit könnte der mögliche Verzicht des Berufeausweises kompensiert werden.
Mit einem digitalen PQ-Nachweis wird Qualität gesichert, ohne auf ein veraltetes Kartenstecksystem angewiesen zu sein. Entscheidend ist: Fachliche Legitimation darf nicht entfallen, sondern muss zuverlässig digital abgebildet werden – ob über den eBA oder besser noch über zukunftsfähige digitale Identifikationsverfahren.
Die E-Rezept-Enthusiasten fordern:
- Fachliche Qualifikation sichern: Präqualifikation als verbindliche Zugangsvoraussetzung zur TI festschreiben.
- Digitale Identität ermöglichen: PQ-Datenbank als Grundlage für persönliche digitale Legitimation nutzen.
- Hilfsmittel-Leistungserbringer rechtlich verankern: Aufnahme in § 352 SGB V.
- Bürokratieabbau durch Digitalisierung: „Digital only“ statt Medienbrüche.
- Volle TI-Integration: Gleichberechtigter Zugang aller Hilfsmittel-Leistungserbringer zu allen TI-Funktionen, insbesondere zur ePA.
Über die E-Rezept-Enthusiasten
Der am 10. Mai 2022 in Berlin gegründete Verein der E-Rezept-Enthusiasten möchte die Etablierung und Weiterentwicklung des E-Rezepts in Deutschland vorantreiben. Übergeordnetes Ziel ist es, die Digitalisierung im Gesundheitswesen in Deutschland zu unterstützen und die medizinische Versorgung der Patient:innen zu verbessern. Zu den Mitgliedern gehören Vertreter:innen aus Ärzteschaft, Apothekenwesen, Sonstigen Leistungserbringern, Digital-, IT- und Medienunternehmen sowie gemeinnützigen Organisationen. www.erezept-enthusiasten.de
Kontakt:
Uwe Strehlow, Vorsitzender (uwe.strehlow@strehlow.info)
Dennis Giesfeldt, AG HiMi (d.giesfeldt@vvhc.info)